Fortsetzungsroman von Silke S. Bischoff
Kapitel eins
Nur eine einzige Träne.
Das war’s!
Eine Träne! Sie kullerte langsam an ihrem linken Auge die Wange entlang, das Kinn hinunter bis sie sich schließlich auflöste.
Sie hatte sich die Reaktion schlimmer vorgestellt. Immer und immer wieder spielte sie das Szenario durch. Sie wusste, irgendwann würde er kommen und ihr diese drei Worte sagen. Die Worte, vor denen sie sich so lange fürchtete. Es hat sich schließlich lange genug angekündigt. Wie lange genau, konnte sie schon gar nicht mehr sagen. Wochen? Monate?
Jahre?
Aber wozu darüber nachdenken? Sie wollte es sich nicht eingestehen. Sie waren doch glücklich!
Oder etwa nicht?
Sie schaute ihm noch lange hinterher.
»Margot«, hatte er gesagt, »ich muss mit dir reden«. Er stand in der Küchentür und neben ihm ein großer Koffer. Es war immer ihr gemeinsamer Koffer gewesen. Sie erinnerte sich, wie sie ihn damals im Sommer 1989 kurz vor ihren großen Flitterwochen durch den Balkan gekauft haben. Seitdem war er auf jeder Reise dabei. Doch nun war ganz offensichtlich eine andere Reise geplant.
Eine Reise, an der ich nicht mehr teilnehmen darf.
Sie folgte ihm durch den kleinen dunklen Flur ins Wohnzimmer, wo sie sich an den komfortablen runden Esstisch setzten und er sie lange anschaute.
»Margot, es ist aus!«
Sie schluckte.
»Aber….Dieter…«
Er sah sie mitleidig an. »Es ist das beste so. Machen wir uns doch nichts vor, Liebes! Wir leben nur noch nebeneinander her. Wann haben wir uns das letzte Mal intensiv miteinander unterhalten? Wann hatten wir das letzte Mal gemeinsam Spaß? Richtigen Spaß?«
Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass er die Worte, die er sagte, nicht ernst gemeint haben könnte. Sie wusste, sie hatte ihn für immer verloren.
Sie schwieg.
»Ich werde für einige Zeit zu Hartmut ziehen. Dann suche ich mir was eigenes.«
Sie schwieg noch immer.
»Margot, glaube mir, es ist das Beste so.«
Sie blickte ihn scharf an. »Das Beste?«
»Margot, ich – «
»Raus!«
»Schatz, bitte – «
»RAUS“, wiederholte sie mit einer ungewöhnlichen Kälte in ihrer Stimme.
Er starrte sie noch einige Sekunden an. Schließlich stand er auf, nahm seinen Koffer und verließ das Haus.
Kapitel zwei von »Wie Nadeln im Sturm« lesen Sie in der nächsten Ausgabe.
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