Hamburg (EZ) | Durch die wochenlangen Ausgangsbeschränkungen leiden vor allem immer mehr Schüler unter den ausbleibenden Kontakten zu Gleichaltrigen. Ein 16-Jähriger aus Hamburg mobbt sich daher seit Tagen selbst.
Bisher fand Jonte Ritterkamp seine Befriedigung immer im regelmäßigen Mobben und Verprügeln seiner Mitschüler. Doch durch das grassierende Coronavirus und dem damit einhergehenden Schulausfall ist dies nicht mehr möglich.
„Ich merkte nach einigen Tagen der Isolation, dass mir die Fäuste juckten, aber ich hatte niemanden, an dem ich meine Wut herauslassen konnte. Ich bin Einzelkind und meine Eltern kamen dafür nicht in Frage, weil sie stärker sind als ich“, so der 16-Jährige traurig.
Also fing er nach einiger Zeit an, sich selbst durch das Zimmer zu schubsen und zu verspotten.
Nachdem er dabei unglücklich über seinen Schreibtischstuhl fiel, kämpfte er zunächst mit den Tränen, doch dann hörte er sich sagen „Ohhh, du kleine Memme, heulst wieder rum, wie? Na, wo ist deine Mami, um dich zu trösten?“
Daraufhin stellte er fest, dass er zu neuem Selbstbewusstsein gelangte und das Selbstmobben seiner Seele durchaus gut tat.
„Seitdem klaue ich mir regelmäßig mein Frühstücksbrot, boxe mir in die Magenkuhle, nenne mich Hurensohn und zerreiße meine Schulsachen.“
Dennoch freut sich Jonte, wenn die Schule bald wieder losgeht. „Langsam nehmen die blauen Flecke zu und ich merke, dass ich mal wieder jüngere Schüler als mich brauche, um meiner Wut auf das Leben Ausdruck zu verleihen.“
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