Hamm/Berlin (EZ) | 4. Mai 2015 | Womöglich wächst gerade Dank der GDL eine Generation heran, die fahrende Züge nur als Ausnahmeerscheinung kennt. Dieser Entwicklung müsse entschieden entgegengetreten werden. Deshalb werden zurzeit eiligst Zugfahrten und Besichtigungen für Schüler organisiert. Ab Morgen früh stehen die allermeisten Züge der Deutschen Bahn still. Grund ist ein neuerlicher Streik der Lokführergewerkschaft GDL. Diesmal soll es der längste Ausstand der Geschichte der GDL werden.
Lehrer und Pädagogen, aber auch viele Eltern, sehen mit großer Sorge diesem Streik entgegen. „Die Gefahr besteht, dass viele junge Menschen niemals einen Zug der DB in Aktion sehen werden,“ so ein Sprecher. „Sie kennen vielleicht vorbeifahrende Züge. Aber das Erlebnis, in einem ICE zu sitzen, werden einige meiner Schüler unter Umständen niemals haben.“
Bundesweit wurden deshalb heute eilig die Stundenpläne geändert. Statt Mathematik, Deutsch oder Sport standen vielerorts Fahrten in ICEs an. Die Kultusministerien der Länder gaben dafür am frühen Morgen grünes Licht.
Eine Klasse des Bonhoeffer-Gymnasiums in Berlin fuhr mit dem InterCityExpress nach Wolfsburg und wieder zurück. Die Schüler im Alter von 10 bis 12 Jahren fanden das zwar ziemlich langweilig, wie ihre Lehrerin sagte. „Die meisten können damit im Moment nichts anfangen,“ so die 39-Jährige. „Aber eines Tages werden sie den Wert dieser kurzen Fahrt und den Nutzen für ihr späteres berufliches Leben verstanden haben und mir dankbar sein.“
„Junge Menschen laufen auf nicht absehbare Zeit Gefahr, niemals einen ICE oder einen InterCity von innen zu sehen,“ warnt der Dachverband der Geschichtslehrer in Deutschland. „Das Zeitfenster ist knapp, in wenigen Stunden beginnt der Streik.“ Bildungspolitiker fordern, den Unterrichtstag heute bis in die Nacht zu verlängern. „Allein in Hamburg müssen über 80.000 Schüler in die Züge geschickt werden. Da brauchen wir jede Minute.“
(JPL/Foto: „Zwickau Hbf“ von Schlockerwitz – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons.)