Berlin/Hamburg/Wiesbaden (EZ) | 20. Oktober 2014 | Der Bahnstreik an diesem Wochenende machte vielen Lebensmüden einen gehörigen Strich durch die Selbstmordrechnung. Etliche Suizidplanungen mussten auf Eis gelegt werden, weil einfach so gut wie kein Zug fuhr.
Es sollte der letzte Tag im Leben des 31-jährigen* Marko Habermann aus Köln werden. „Ich plante meinen Freitod lange im Voraus und habe mir extra Hochgeschwindigkeitszüge herausgesucht. Ich dachte, damit wäre ich auf der sicheren Seite,“ so der gelernte Klempner, der schon längst keinen Sinn mehr im Leben sieht. „Aber das Wetter machte mir einen Strich durch die Rechnung.“
Pünktlich am Samstag um 19:24 Uhr stand der attraktive Alkoholiker auf einer Eisenbahnbrücke in der Nähe von Köln, von der aus er auf die Gleise springen wollte. „Ich stand da sicherlich eine Stunde herum. Ich habe auf den ICE aus Berlin gewartet. Aber es kam einfach keiner.“
So wie Habermann erging es dutzenden Menschen in Deutschland. Der Streik der Lokführergewerkschaft erlaubte es kaum einem, wie geplant aus dem Leben zu scheiden.
Marko Habermann ist nach langem Warten schließlich nach Hause gegangen, hochverärgert über die Deutsche Bahn. „Mit der Bahn bin ich durch. Sollen sie doch einfach mal auf die Forderungen der Lokführer eingehen! Aber diese Blockadehaltung ist langsam echt lächerlich!“
Andere Lebensmüde fordern die Politik auf, endlich die Rahmenbedingungen für private Bahnbetreiber zu erleichtern und wirkliche Konkurrenz auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken zu ermöglichen. „Ich will schon sichergehen, dass auch alles klappt. Deshalb lieber ICE und so und keine Regionalbahnen,“ so Annegret M.** aus Lippstadt, Mutter von vier Kindern. „Da würde es schon helfen, wenn zumindest die wichtigen Strecken auch privat befahren würden und uns Suizidanten mehr Planungssicherheit geben würden.“
*Alter geändert
**Name geändert
(JPL/Foto: „ICE 3 Fahlenbach“ von Sebastian Terfloth User:Sese_Ingolstadt – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 2.5 über Wikimedia Commons.)